"Dieser Computer, diese seelenlose, kalte Maschine zwang mich ein allzumenschliches Bedürfnis auf eine unwürdige Weise zu verrichten. Versthen sie doch, dieser Computer war ein Sadist. Ein Menschenhasser!" Unverständiges Kopfschütteln war die einzige Antwort. "So kann man das aber nicht sehen", belehrte man mich. "Ein Computer ist doch kein intelligentes Wesen, dass zu moralischen Wertungen und Handlungen befähigt ist. ", klang es schon fast mitleidig aber immer noch belehrend. "Ja, Herr Kollege jetzt sind sie es noch nicht, aber wer weiss, was die Zukunft bringt so in 20 oder 40 Jahren. Dann werden sie so intelligent sein, dass jeder von uns glaubt er spräche mit einem Menschen, der intelligent ist wie wir selber auch und der uns auch beurteilen und vielleicht auch verurteilen kann wie einer unserer lieben Mitmenschen jetzt", entgegenete ein anderer Irrenarzt. "Dann könnte es ja auch zu Kriegen kommen. Der Aufstand der Maschinen. Die Verurteilung der Menschen durch ihre eigenen Geschöpfe. Einen solchen Krieg werden wir verlieren., weil wir keine Maschinen sind", ereiferte sich ein Dritter prophetisch. Unruhe brach in der Gruppe mir gegenüber aus. Worte wie "Blödsinn", "Fantasterei" und "total verrückt" waren deutlich zu hören. "Obwohl", sagte einer der drei dann nachdenklich in sich versonnen, "vor ein paar Tagen viel der Bordcomputer meines Autos aus. Na, meine Herren Kollegen, das gab eine Gaudi. Richtig zum Verrücktwerden, hahahahahah...wirklich zum Verrücktwerden!" Die beiden anderen erschraken und hoben beschwörend die Hände:"Um Gottes Willen Herr Kollege, malen sie doch nicht den Teufel an die Wand hier in einer Irrenanstalt!" "Na also ", hakte ich dankbar ein, "da sehen sie ja selber, am eigenen Leib haben sie es erfahren dürfen, was passiert, wenn man sich Maschinen ausliefert". Betretenes Schweigen in der Dreiergruppe mir gegenüber. Schließlich beugte sich der Mittlere von den Dreien wieder etwas vor, hob agressiv den Finger:" Wenn es ihnen in unserer zivilisierten Welt nicht gefällt, warum gehen Leute wie sie dann nicht einfach in den Busch und hören auf andere anzufallen und auf Computer zu kacken!" Ja, der Mann hatte schließlich Recht, aber warum gleich in den wilden Busch? Es gibt doch in Kanada die Hutterer und in Paraguay die Mennoniten. Das sind jene Leutedie aus religiösen Gründen alles Elektrische ablehnen und heute darum noch genau so leben wie vor über 150 Jahren. Ohne Fernseher, ohne Telefon, ohne Fax ohne Computer all dem elektrischen Firlefanz. "Meinen sie, die Hutterer in Kanada oder die Mennoniten in Paraguay würden mich aufnehmen?", fragte ich leise. Gelächter und ungläubiges Kopfschütteln waren wieder die Antwort. Plötzlich machte einer der Drei ein sehr ernstes Gesicht , stand von seinem Holzhocker auf, drehte mir den Rücken zu, steckte angestrengt beide Hände tief in die Taschen seines Kittels und wies mit dem Kopf in meine Richtung:"Der ist ja völlig normal."
Mein Rauswruf aus der Irrenanastalt war für mich wie eine Befreiung. Endlich konnte ich ein neues Leben beginnen. Ein Leben fernab von Fernsehern, von ewig klingelnden Telefonen, müllenden Fax-Geräten und vor allem ohne zeitfressende Computer, den kommenden Beherrschern menschlichen Lebens. Ich kündigte bei der Computerzeitschrift (computerhöriges Pack), kratzte meine Ersparnisse zusammen und mietete mir eine Hütte in Finnland an. Tja, und nun sitze ich hier vor meine Hütte ohne Strom an einem mückenverseuchten See hoch oben im Norden und schreibe den Hutterern in Kanada und den Mennoniten in Paraguay lange Briefe, in denen ich höflichst um Aufnahme in ihre Welt ohne Elektrizität bitte. Ob da wohl noch ein Plätzchen frei ist für mich...?
ENDE