Aber schon in der Antike gab es Einwände gegen diese Abwertung der empirischen Einzelerscheinungen (Epikuerer/Zyniker) und dies war im Mittelalter nicht anders. Der Universalienstreit ist die Auseiandersetzung zwischen dem Nominalismus auf der einen Seite und dem Universalismus auf der andern. Der Universalismus vertrat die Ansicht, daß die den Dingen zugeschrieben Eigenschaften tatsächlich in den Substanzen existieren und nicht sprachliche Konstrukte sind. Der Nominalismus versteht die den Dingen zugeschriebenen Eigearchaften als rein sprachliche Konstruktionen, die nicht in der Außenwelt existieren. Damit vollziehen die Nominalisten eine Trennung zwischen Sprache und Außenwelt ,was natürlich einer Bruch bedeutet mit der Vorstellung einer graduellen Wirklichkeit. Dies wird deutlich, wenn man den ontologischen Gottesbeweis nimmt. In ihm wird von der Notwendigkeit eines Begriffes (Gott) - denn alles muß ja eine erste Ursache haben - auf dessen Existenz notwendig geschlossen: Essenz vor Existenz. Für einen Nominalisten wäre dies absurd, da man von einem Begriff, der von Menschen konzipiert ist, nicht auf dessen Existenz schließen kann: Existenz vor Essenz. Die Struktur der Sprache ist eine andere als die der Außenwelt, die unabhängig von unseren Ideen, Vorstellungen ihre eigenen Naturgesetze hat. Dieser im Mittelalter ansetzende Auflösungsprozess einer Ideenlehre und deren graduelle Auffassung der Welt hatte gesellschaftliche Auswirkungen und erkenntnistheoretische. Die letztere Auswirkung ging ihren Weg über die Renaissance, der englischen Empiristen bis zu den modernen Naturwissenschaften und der sprachanalytischen Philosphie (Wittgenstein). Die gesellschaftlichen Folgen bestehen in der Entkräftung des religiösen Glaubens durch die Naturwissenschaften (Gott ist nicht beweisbar) und der Auffüllung dieses Vakuums durch neue Heilslehren, welche die alten christlichen Vorstellunge in säkularisierter Form übernommen haben, um dann noch einen Schritt weiter zu gehen: die Übernahme wissenschaftlicher Methoden im Dienste pseudoreligiöser Heilslehren. Als eine solche das Heilversprechende säkularisierte Lehre sehe ich den Marxismus.