LG-Geschichte: Unternehmen Barbarossa-4


Der Feldzug gegen die Sowjetunion


Deutsche Truppen auf dem Vormarsch. An allen drei Frontabschnitten verlief der Angriff zunächst programmgemäß

Meinungsverschiedenheiten zwischen Hitler und der Heeresführung über die Durchführung von Barbarossa.

Seit Juli 1940 hatte sich der Generalstab des Heeres mit der Durchführung eines Feldzuges gegen die Sowjetunion befaßt, mehrere Studien erstellt und anhand von Planspielen auf ihre Tauglichkeit hin überprüft. Die wiederholt ins Auge gefaßte Leitidee ging von der Annahme aus, daß Moskau den „wirtschaftlichen, politischen und geistigen Mittelpunkt" der Sowjetunion bilde und deshalb die Eroberung der Metropole „den Zusammenhang des russischen Reiches" zerreiße. Halder war sich darüber im klaren, daß Moskau geländemäßig nach Norden und Westen durch gewaltige Wald- und Sumpfgebiete geschützt war, so daß ein Angriff auf die russische Hauptstadt besonders wegen der Pripjetsümpfe in der Anfangsphase in zwei getrennten Operationsräumen vorgetragen werden müsse. Als am 5. Dezember 1940 die Überlegungen des Generalstabes des Heeres Hitler vorgetragen wurden, stellte sich bald heraus, daß dem Führer eine andere Konzeption vorschwebte. Während die Heeresführung ihr Hauptziel in der militärischen Niederwerfung Rußlands mit Zentrum Moskau sah, wollte Hitler vordringlich die bedeutsamen sowjetischen Industrie- und Rohstoffgebiete besetzen. Seiner Ansicht nach konnten nur so wirtschaftlich unerläßliche Gewinne für die weitere Kriegführung erreicht werden. Im Süden forderte er die Besetzung der wehrwirtschaftlich wichtigen Gebiete des Donezbeckens sowie der Ölquellen des Kaukasus. Im Norden sollten vor der Eroberung von Moskau Leningrad und Kronstadt genommen werden, um so den Sowjets den Zugang zur Ostsee zu sperren und dadurch gleichzeitig die Seewege für die Versorgung des Deutschen Reiches mit schwedischen Erzen und finnischem Nickel sicherzustellen. Erst nach Erreichen dieses Teilzieles sollten die Angriffsoperationen zur Eroberung Moskaus fortgesetzt werden. Damit hatte sich Hitler im Gegensatz zum Generalstab des Heeres für zwei Schwerpunkte entschieden, die in der „Weisung Nr. 21 — Fall Barbarossa" vom 18. Dezember 1940 festgeschrieben wurden.


Die Aufmarschanweisung des Heeres vom 31. Januar 1941 für den Fall Barbarossa


Aufgrund der „Weisung Nr. 21" war der Generalstabschef des Heeres, Generaloberst Halder, gebunden. Die Vorstellungen Hitlers finden deshalb ihren Niederschlag in der Aufmarschanweisung des OKH vom 31. Januar 1941. Nach dieser war beabsichtigt, daß die Heeresgruppe Süd (Generalfeldmarschall von Rundstedt) aus dem Raum um Lublin in Richtung Kiew angreift, sich in Besitz der Dnjepr-Übergänge bei und unterhalb von Kiew setzt, um so Bewegungsfreiheit für ein später vorgesehenes Zusammenwirken mit den im Norden eingesetzten deutschen Verbände zu gewinnen. Die Heeresgruppe Mitte (Generalfeldmarschall von Bock) sollte im raschen Zugriff Smolensk nehmen, um im Zusammenwirken mit der aus Ostpreußen in allgemeiner Richtung Leningrad angreifenden Heeresgruppe Nord (Generalfeldmarschall von Leeb) die im Baltikum kämpfenden feindlichen Kräfte zu vernichten. Ein sofortiger Vorstoß auf Moskau war nur für den Fall eines völligen Zusammenbruchs des feindlichen Widerstandes im Norden Rußlands vorgesehen — unter einer Voraussetzung also, mit der der Generalstabschef nicht rechnete.