Nach dieser Weisung sollte für die nächsten Monate in Südrumänien eine sich allmählich verstärkende Kräftegruppe gebildet werden, die voraussichtlich im März 1941 über Bulgarien die Ägäische Nordküste, notfalls aber das gesamte griechische Festland in Besitz nehmen sollte. Die Situation spitzte sich zu, als die jugoslawische Regierung, die am 25. März 1941 in Wien den Beitritt zum Dreimächtepakt unterzeichnet hatte, kurz nach ihrer Rückkehr in Belgrad durch einen nachweislich von der Sowjetunion unterstützten Militärputsch gestürzt wurde. Das neue jugoslawische Staatsoberhaupt, der noch nicht volljährige König Peter II., annullierte den Beitritt zum Dreimächtepakt und entschied sich statt dessen am 5. April für einen Nichtangriffs- und Freundschaftspakt mit der Sowjetunion. Daraufhin wurde Jugoslawien von Berlin als Feindstaat betrachtet, der so rasch wie möglich zerschlagen werden müsse. Am 6. April begann der deutsche Angriff gegen die Balkanstaaten.
Eine Hauptfolge des kräftezersplitternden Balkan-Feldzuges war die Verschiebung des seit längerer Zeit geplanten Unternehmens Barbarossa. Die Durchführung des Balkankrieges erforderte einen Kräfteansatz von mehr als 23 Divisionen mit rund 1200 Panzern und 780 Flugzeugen. Auch nach der Besetzung der Balkanhalbinsel wurden wegen des frühzeitig einsetzenden Partisanenwiderstandes relativ starke deutsche Kräfte gebunden. Die Planung des Angriffs gegen die Sowjetunion
Überlegungen für einen Feldzug gegen die Sowjetunion gab es innerhalb des Generalstabes des Heeres noch ehe der Frankreich-Feldzug abgeschlossen war. Am 21. Juli 1940 befahl Hitler dem Oberbefehlshaber des Heeres, Generalfeldmarschall v. Brauchitsch, offiziell, Unternehmen Barbarossa umzusetzen.
Der Generalstab des Heeres rechnete mit einer Aufmarschdauer von vier bis sechs Wochen und skizzierte am 22. Juli 1940 als militärisches Ziel, das russische Heer zu schlagen und weit auf russisches Territorium vorzudringen, um feindliche Luftangriffe gegen Berlin bzw. das schlesische Industriegebiet verhindern zu können. Dagegen sollten für die eigene Luftwaffe die Voraussetzungen geschaffen werden, um die wichtigsten Gebiete Rußlands zu zerschlagen.
Es ist bereits gesagt worden, daß der Feldzug gegen die Sowjetunion ein von Hitler ideologisch begründetes Fernziel gewesen ist und deshalb u. a. auch als Weltanschauungskrieg bezeichnet wird. Wenn man andere Faktoren mit berücksichtigt, die über die Planungen dieses Feldzuges zur Verfügung stehen, dann fällt auf, daß auch für Hitler auch militärstrategische Erwägungen im Vordergrund standen,die aber nur temporär Bestand hatten und wohl auf den Einfluss des Offizierskorps und damit professioneller Militästrategie zurück zu führen sind.
Etwa Anfang Dezember 1940 dürften die allgemeinen Grundüberlegungen Hitlers in bezug auf die vermeintliche Notwendigkeit des Ostkrieges festgestanden haben. Im Zentrum der Überlegungen stand die Überzeugung, daß England mit den Mitteln der bisherigen Kriegführung nicht besiegt werden könne. Die Fortsetzung des Krieges — so die damalige Lagebeurteilung Hitlers und Neiders — würde die Stellung der Achsenmächte allmählich schwächen, was die Sowjetunion veranlassen würde, jede Gelegenheit zu ihren Gunsten zu nutzen. Mit dem Zugriff auf die baltischen Staaten, Finnland, Bessarabien und — über die Vereinbarungen des geheimen Abkommens hinausgehend — auf die Bukowina hatte die Sowjetunion seit Winter 1939/40 diese Absicht bereits erkennen lassen.