Das Unternehmen Felix
Parallel zu den Bemühungen, England auf direktem Wege durch eine Invasion oder Angriffe der Luftwaffe niederzuringen, gab es Planungen, den Gegner auch an anderer Stelle zu treffen. Unter dem Decknamen Felix sollte in Zusammenarbeit mit Spanien die Meerenge von Gibraltar genommen werden. Während Frankreich die Rolle einer nichtkriegführenden Macht zugedacht war, die in ihrem Hoheitsgebiet, besonders in den afrikanischen Kolonien, deutsche Kriegshandlungen zu dulden bzw. zu unterstützen hatte, sollte Spanien auf der Seite der Achsenmächte aktiv in den Krieg eingreifen. Entsprechende diplomatische Schritte hatte es seit dem 2. Juli 1940 gegeben. Nach Eroberung von Gibraltar mit militärischer Unterstützung Spaniens war außerdem ein Eingreifen in die italienische Offensive gegen Ägypten vorgesehen, um den Suezkanal unter die Kontrolle der Achsenmächte zu bekommen. Diese Planung sollte auf weitere Sicht gleichzeitig in Westafrika und auf den atlantischen Inseln Spaniens und Portugals eine Ausgangsbasis für einen möglichen Krieg gegen die USA begründen. Das Unternehmen Felix scheiterte schließlich am 7. Dezember 1940 am Widerstand Francos, der Spanien aus dem Krieg heraushalten wollte.
Franco war auf kanadische Weizenlieferungen angewiesen, die bei einem Eintritt Spaniens in den Krieg zwangsläufig ausgefallen wären. Spanien trieb ein Doppelspiel, da außer mit Deutschland auch mit den USA verhandelte, um für den Fall seiner Neutralität möglichst im Vorteil zu bleiben.
Wäre die Planung Felix zur Durchführung gekommen, hätte dieses Unternehmen auf unberechenbare Zeit deutsche Kräfte in einer Größen‑
ordnung gebunden, daß die Entscheidung, die Sowjetunion anzugreifen, mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit weit hätte zurückgestellt werden müssen. Die in der Einleitung angedeutete Auffassung eines von vornherein feststehenden Stufenplans der Strategie Hitlers ist deshalb nicht so gesichert wie es immer dargestellt worden ist.
Das Unternehmen Marita
Inzwischen hatte Italiens eigenständige Kriegführung zu einer katastrophalen Verschlechterung der Lage im Mittelmeerraum geführt. Der italienische Diktator Benito Mussolini sah sich als Erbe der altrömischen Cäsaren und wollte sein Land nach deren Vorbild wieder zur Hegemonialmacht im Mittelmeerraum aufbauen. 1939 hatte Italien Albanien annektiert, war am 10. Juni 1940 an der Seite Deutschlands in den Krieg gegen Frankreich und Großbritannien eingetreten und hatte Anfang August 1940 auf eigene Faust in Nordafrika eine Offensive gegen Ägypten eingeleitet, die bald auf starken britischen Widerstand stieß und letztlich mit einem panikartigen, verlustreichen Rückzug endete.
Doch noch ehe sich die Niederlage der Italiener in Nordafrika abzeichnete, eröffnete Mussolini am 28. Oktober 1940 einen Expansionskrieg gegen Griechenland. Das schlecht gerüstete Griechenland bot sich dem Duce (= Führer) als scheinbar leichte Beute an.Die Italiener scheiterten an der Metaxa-LInie der griechischen Armee. Hitler konnte dieser Entwicklung nicht gleichgültig entgegensehen, weil durch eine ungeklärte Lage auf dem Balkan die südosteuropäische Flanke und damit zugleich die für Deutschland lebenswichtigen rumänischen Erdölfelder gefährdet wurden. Er sah sich deshalb zum Eingreifen gezwungen, als Großbritannien zugunsten der Griechen intervenierte (Landung in Griechenland und auf Kreta).
Wegen der immer bedrohlicher werdenden Situation auf dem Balkan unterzeichnete Hitler am 13. Dezember 1940 die Weisung Nr. 20, die für den Notfall den Einsatz deutscher Truppen auf dem Balkan unter dem Decknamen Marita vorsah.