FMST-5

Max Weber


Der Puritanismus produzierte - und das im wahrsten Sinne des Worte - seinen eigenen Untergang. Eine derartige Maximierung von Gütererwerb und Sparsamkeit musste ganz einfach zu Wohlstand und Reichtum führen. Aber was geschah mit all diesem ' Wohlstand ' und ' Reichtum ' Der Puritanismus sagte zwar wie man Geld verdient, aber den Konsum mißbilligte er streng. Wohl nur wenige vermochten den Lockungen des Reichtums zu widerstehen und führten vorher strenge Puritaner gewesen - nun ein Leben im Vorbild der ehemaligen Feudalherren. Diese 'Veradeligung ' der puritanischen Parvenus wurde unterstützt durch die Anlage des Geldes in Land. Und so feudalisierte sich allmählich ihr Lebensstil.


All jene alttestmentarische Sittlichkeit mit ihrer unerbittlichen Strenge, die sich im Puritanismus einfand, konnte

den Abbau der Transzendenz nicht verhindern. Es schien so als wäre GOTT tot und alles, was übrig bliebe,wäre eine

höchst effektiv organisierte Gesellschaft, die Profit als oberstes Gebot sah. Arbeit war für sie keine Strafe mehr,sondern ein Mittel zur Selbstverwirklichung. Ganz im Gegnsatz zu anderen Kulturen, denen jene aggressive Ver‑

folgung von Zielen und der daraus resultierende Zukunftsglaube und die Vergötterung der Rationalität vollkom‑

men fremd waren. Die größte Strafe für eine solche säkularisierte puritanische Gesellschaft wäre neben Armut

vor allem Arbeitslosigkeit. Das Fehlen von Arbeit - in anderen Kulturen ein Segen - ist in unserer eine Katastrophe für

den Betroffenen. Sein ganzes Selbstwertgefühl bricht zusammen. Aber nicht nur daran kann man sehen, wie nach dem Fortfall der Transzendenz die Protestantische Arbeitsethik in uns weiterlebt. Die Mobilität unserer Gesellschaft, die Auffassung des Egoismus, der Zukunftsglaube, die Wertschätzung des Profits, der Glaube an das Wachstum etc. all dies sind Indizien für die Auswirkungen protestantischer Werte in unsere heutige sozioökonomische Struktur hinein. Die Frage nach einem umgekehrten Ablauf also eine Religion, die in einem kapitalistischen Land entstanden ist und die kapitalistische Werte in einen religiösen Zusammenhang überführt, wäre interessant. Ich glaube, daß es auch hierfür eine Religion gibt: die Mormonen Nordamerikas. Zusammenfassend möchte ich sagen, daß der Wegfall der Transzendez erst die Konsumtion der produzierten Güter erlaubte, denn dies - die unbedarfte Freude am Konsumieren war es, was der Protestantismus dem Kapitalismus nicht geben konnte. Darum geht die kapitalistische Ökonomie über ihre religiösen Verwurzelungen hinaus, um schließlich die alten Werte für neue Situationen zu formulieren.