Max Weber
Die Arbeit erfährt durch ihre stark methodisch, rationale Ausprägung und eine Dominanz der Effektivität, des weltlichen Erfolges, die sie in dem Mönchstum bisher nicht hatte. Selbst Reichtum befreit nicht von der Pflicht zur Arbeit. Im Gegenteil, wer reich ist , der ist auch den Versuchungen besonders stark ausgesetzt. Wer ein reines Lieben trotz seines Reichtumsd führen will , muß härter arbeiten, als jene, die vielleicht weniger reich sind. Hier liegt auch einer Schwachpunkte der puritanischen Arbeitswelt: Der genießerische Konsum des Reichtums ist nicht erlaubt. Die erarbeiteten Früchte der Arbeit sind nicht genießbar, aber darauf werde ich im Schlußwort noch zurückkommen. Man kann also sagen, daß niemand der Arbeit entkommt, sogar die Reichen nicht. Nicht nur die Auffassung von Arbeit wird verändert, auch ihre Aufteilung innerhalb der Gesellschaft. Nach L U T H E R war die Stellung in der Gemeinschaft fest und unveränderbar. Sie konnte nicht durch den Wechsel des Berufes veschlechtert oder verbessert werden. Die Puritaner hingegen waren da ganz anderer Auffassung. Mit den Scholastikern und einem ihrer hervorragendsten Vertreter, THOMS von A Q U I N, waren sie der Auffassung, daß die Zuweisung eines Berufes und somit die Position in der Gesellschaft vollkommen contingent sei, was nichts anderes bedeutet, als daß sie zufällig ist, aus dem geheimnisvollen Plan GOTTES stammt und darum menschlicher Verantwortung und Einflußnahme entzogen ist. Die Auffassung L U T H E R S von einer starren Gesellschaft ist jedoch für die Puritaner nicht mehr maßgebend. Für sie ist es nicht mehr unmöglich mehrere ' callings '*1 zu haben oder den Beruf zu wechseln. Wichtig für den Wechsel etwa, ob dadurch ein nützlicherer Beruf ergriffen wird, denn dann wäre ein solcher Wechsel zum ' common best ' *2 und zum Wohle des HERRN.
Gottgefällig ist nicht nur, wie bereits erwähnt, die Apotheose der Arbeit und des Fachmenschentums, sondern darüberhinaus auch der Profit. Denn GOTT schlägt dem Geschäftsmann nicht ohne Plan, nicht ohne Absicht verschiedene Wege vor und es hat seinen Sinn, wenn einer davon zu einem größeren Vorteil führt als die anderen. Es wäre geradezu eine Sünde, würde der Geschäftsmann nicht den Weg mit dem größten Nutzen für sich selber, für die anderen und letztendlich für GOTT einschlagen.Als vergleichende Quellen zog er für den das Werk S P E N C E R S - "Theologische Bedenken" - und für das Quäkertum das Werk BARCLAYS - "Apology " - heran. Auf den ersten Blick scheint das Verhältnis Protestantismus - Kapitalismus eindeutig zu sein. Der Puritaner B A X T E R veurteilt Reichtum und das Streben danach als verwerflich. Neben der Pracht GOTTES erscheint jeder Prunk sinnlos und ein Versuch sich gleich Luzifer gegen GOTT zu wenden. Jede Art von Fleischeslust - und dazu führt meistens Reichtum - und Streben nach irdischen Güter um deren selber Willen ist im Namen GOTTES zu verurteilen.Es gab ganz genaue Vorstellungen von dem, was als schlecht galt:
1 Kreatürliche Eitelkeit, also alle Ostentation 1, Flitterkram und Verwendung von Dingen, die keinen praktischen Zweck haben oder nur ihrer Seltenheit wegen (also aus Eitelkeit ) geschätzt werden.
2. Ungewissenhafte Verwendung des Besitzes, wie sie in einer gegenüber den notwendigen Lebensbedürfnissen und der Vorsorge für die Zukunft unverhältnismäßigen Ausgabe für minder notwendige Bedürfnisse liegt:
Das war sozusagen das wandelnde 'Grenznutzengesetz ' . 'Moderate use of the creature '
(maßvoller Gebrauch der Kreatürlichkeit) ist durchaus statthaft, namentlich aber durfte man auf Qualität und Solidität der Stoffe usw. Gewicht legen, soweit dies nicht zu ' vanity' (Eitelkeit) führte. (Originalanmerkung M.WEBERS).-4
Wenn man diese Zeilen aufmerksam gelesen hat, wird man feststellen, dass die Ablehnung von Reichtum viel differenzierter ist als es auf den ersten Blick scheint. Keineswegs lehnt der Puritanismus Reichtum und das Streben danach als verwerflich ab. Vielmehr wird ein Unterschied gemacht zwischen dem Streben nach Reichtum um seiner selbst Willen,um also den Reichtum passiv zu genießen, und dem Reichtum zuzeigen.
Anm. 1:Ostentation = veraltet für ' Prahlerei,zur Schau stellen '