Denn Gott hat - wie in der puritanischen Literatur sehr oft hervorgehoben wird -nirgends befohlen, daß man den Nächsten mehr lieben solle als sich selbst, sondern wie sich selbst. Man hat also auch die Pflicht der Selbstliebe. Wer z.B. weiß, daß er selbst seinen Besitz zweckmäßiger und also mehr zu Gottes Ehre verwendet als der Nächste es könnte, ist durch die Nächstenliebe nicht verpflichtet, diesen Menschen davon abzugeben. Wer für GOTT Zeit hat, der gibt sich nicht der Kontemplation hin. Aus dem Selbstverständniss des Puritanismus heraus lässt sich sagen, dass ein Element des abendländischen Geisteslebens sehr stark an Bedeutung gewinnt: der Rationalismus. In diesem Fall: Das Messen der Zeit und die dadurch erst ermöglichte Strukturierung durch Zielsetzungen. Nur wer ein Ziel hat, nicht herumdöst oder ziellos sich dem Augenblick hingibt, der kann etwas schaffen für sich, zum Wohle seiner Mitmenschen und für GOTT. Das Leben ist nicht einfach etwas für sich selber ohne Ziel, ohne Effizienz, sondern hat ein Wirken in der Welt mit bestimmten Zielen zu sein. Das führt zu zwei weiteren wichtigen Bereichen des alltäglichen Lebens, die durch den Puritanismus bestimmt werden: Die Arbeit und die Arbeitsteilung. Das Wirken in der Welt mit bestimmten Zielsetzungen ist eine sehr methodische Umschreibung für den Begriff der'Arbeit'. Das Mönchstum im Abendland - und seltsamerweise fsstt nur hier - schätzte die Arbeit als ein Mittel gegen das ' unclean life ' (das unreine Leben). Die Arbeit war hier eine bewährte asketische Empfehlung gegen die Versuchungen der Welt und besonders der Sexualität ,was dazu führte, dass Arbeit " rein macht " - vor den Versuchungen des irdischen Lebens schützt. Der Puritanismus greift diese Vorstellungen natürlich auf, aber er verschärft sie auch in eine ganz entscheidende Richtung hin, denn nicht irgendeine unsystematische Arbeit schützt vor dem ' unclean life ', sondern nur eine rationale, organisierte ,effektive Tätigkeit, welche das Werk GOTTES durch eben diese Effezienz und Rationalität mehrt. Nicht der Tagelöhner , der Gelegenheitsarbeiter ist gottgefällig aber derjenige, der einer geregelten Arbeit (Spezialisierung zum Facharbeiter hin) nachgeht. Die Betonung liegt hierbei natürlich auf ' geregelt '. Der Puritanismus produzierte - und das im wahrsten Sinne des Worte - seinen eigenen Untergang. Eine derartige Maximierung von Gütererwerb und Sparsamkeit musste ganz einfach zu Wohlstand und Reichtum führen. Aber was geschah mit all diesem ' Wohlstand ' und ' Reichtum ' D er Puritanismus sagte zwar wie man Geld verdient, aber den Konsum mißbilligte er streng. Wohl nur wenige vermochten den Lockungen des Reichtums zu widerstehen und führten vorher strenge Puritaner gewesen - nun ein Leben im Vorbild der ehemaligen Feudalherren. Diese 'Veradeligung ' der puritanischen Parvenus wurde unterstützt durch die Anlage des Geldes in Land. Und so feudalisierte sich allmählich ihr Lebensstil. Als vergleichende Quellen zog er für den das Werk S P E N C E R S - "Theologische Bedenken" - und für das Quäkertum das Werk BARCLAYS - "Apology " - heran. Auf den ersten Blick scheint das Verhältnis Protestantismus - Kapitalismus eindeutig zu sein. Der Puritaner B A X T E R veurteilt Reichtum und das Streben danach als verwerflich. Neben der Pracht GOTTES erscheint jeder Prunk sinnlos und ein Versuch sich gleich Luzifer gegen GOTT zu wenden. Jede Art von Fleischeslust - und dazu führt meistens Reichtum - und Streben nach irdischen Güter um deren selber Willen ist im Namen GOTTES zu verurteilen.Es gab ganz genaue Vorstellungen von dem, was als schlecht galt:

1 Kreatürliche Eitelkeit, also alle Ostentation 1, Flitterkram und Verwendung von Dingen, die keinen praktischen Zweck haben oder nur ihrer Seltenheit wegen (also aus Eitelkeit ) geschätzt werden.

2. Ungewissenhafte Verwendung des Besitzes, wie sie in einer gegenüber den notwendigen Lebensbedürfnissen und der Vorsorge für die Zukunft unverhältnismäßigen Ausgabe für minder notwendige Bedürfnisse liegt:

Das war sozusagen das wandelnde 'Grenznutzengesetz ' . 'Moderate use of the creature '

(maßvoller Gebrauch der Kreatürlichkeit) ist durchaus statthaft, namentlich aber durfte man auf Qualität und Solidität der Stoffe usw. Gewicht legen, soweit dies nicht zu ' vanity' (Eitelkeit) führte. (Originalanmerkung M.WEBERS).

Wenn man diese Zeilen aufmerksam gelesen hat, wird man feststellen, dass die Ablehnung von Reichtum viel differenzierter ist als es auf den ersten Blick scheint. Keineswegs lehnt der Puritanismus Reichtum und das Streben danach als verwerflich ab. Vielmehr wird ein Unterschied gemacht zwischen dem Streben nach Reichtum um seiner selbst Willen,um also den Reichtum passiv zu genießen, und dem Reichtum zuzeigen.

Anm. 1:Ostentation = veraltet für ' Prahlerei,zur Schau stellen '


7 Anm. *1:Mit ' callings ' ist hier, die Zuweisung eines Berufes und dadurch seine gesellschaftliche Position durch GOTT gemeint.

Anm. * 2.:'common best ' meint hier, den größtmöglichen Nutzen für die Gemeinschaft. Ein utilitaristischer Zug.