Es gab aber noch einen anderen Grund für das zwangsläufige Scheitern von Wells in Hollywood. Als kulturell vielseitg interessierter Mensch und als Verehrer von Shakespeare passte er in die Medienlandschaft nicht. Diese war eher an seichten Filmen interessiert, die schnell von der Masse amerikanischer Kinogänger konsumierbar waren. Ein Interesse an Shakespeare und seiner Dramaturgie und seiner Sprache störten da nur.


Citizen Kane ist ein Shakespeare-Drame über Randolph Hearst. Komponiert in grafischen Schwarz-Weiß-Bildern, unterlegt mit sehr vielen Überblendungen. Hätte Shakespeare ein verfilmtes Bühnenstück machen wollen, Citizen Kane wäre das Ergebnis oder zumindest die Vorlage dafür gewesen. Citizen Kane ist kein moderner Film. Was an ihm modern ist, das ist der Mut ein Thetaerstück in Schwarz-Weiß zu verfilmen. All dieses Inszenieren in das Bild hinein, die Innere Montage, die überall auftauchende Mise-en-Scene. All die Überblendungen sind nicht filmisch gemeint, sondern sprachlich zu verstehen. So wie die Poesie Bilder, Sprachbilder in einem Satz miteinander verbindet so verbindet Orson Welles Bilder in einem "Filmsatz" miteinander. Darum wirkt der Film auch 50 Jahre spätern unmodern und langweilig, weil er zu sehr Theaterstück war und sich durch all seine Montagen zu sehr kommentiert. Das Schloss und überhaupt alle Innenräume wirken sehr expressionistisch. Sie sind Höhlen des Unbewußten, in denen Menschen wohnen oder doch nur verschlungen von sich selbst sind. Jene Menschen, die Welles, der Regisseur und Co-Autor, dazu benutzt, um ein Drama in Handlung und Dialoge umzusetzen. Kane ist eine Shakespeare-Figur, die in einer dunklen Höhle, in seiner egomanischen Kunstwelt und Fanatsie haust. Auch die Filme nach Citizen Kane tragen Shakespeare in sich. Auch hier wohnen die Menschen nicht in Häusern, sie leben in ihrer eigenen Fantasie und sind den Launen, Schicksalsschlägen ihres Unbewußten ausgesetzt. Der Regisseur Welles hat ein ungeschriebens Shakespeare Stück verfilmt. Ein Theaterstück, das nie aufgeführt wurde und das nur er im Kopf hatte als er all die Bilder auswählte, all die Szenen zu einem ganzen Film zusammenschneiden ließ. Citizen Kane ist genauso düster wie Macbeth oder King Lear.