Als noch die Entfernungen zwischen den einzelnen Kulturen und ihren Lebensräumen sehr groß waren, konnte ein Kontakt zwischen verschiedenen Gemeinschaften und ihren Lebensauffassungen nicht stattfinden. Dies änderte sich jedoch drastisch mit der Expansion der europäischen Nationen, die sich in ihrer industriellen Revolution auf den Weg machten, die Welt unter sich aufzuteilen.Waren die Konfrontationen zwischen den europäischen Nationen und
primitiveren Gesellschaften vorerst nur eine Frage der waffentechnischen Überlegenheit, so konnte es aber auch zu Zusammenstößen mit Kulturen kommen, welche ebenso wie die Europäer über ein ausgeprägtes Selbstbewußtsein verfügten. Eine fast 6000 jährige Zivilisation wie die chinesische mit ihren frühen technischen Errungenschaften *1und verwaltungstechnischen Leistungen, konnte letztendlich nur eine auflösende Wirkung auf die Vorstellungen der Eurcpäer über sich selber und ihrer Stellung zu anderen Kulturen haben. Die Erfahrungen des Kolonialismus ließen mit der Zeit wohl zwei Fragen als kaum vermeidbar erscheinen*2
1.) Warum treten bestimmte kulturelle und gesellschaftliche Erscheinungen auf, die es anscheinend nur in Europa gibt, aber nicht in anderen Hochkulturen ?
2.) Wie ist die Stellung der europäischen Kultur im Vergleich zu anderen zu bewerten ? - Ist sie diesen anderen Gesllschaften überlegen ? - Legitimieren diese spezifischen Erscheinungen den Führungsanspruch gegenüber anderen Kulturen?
Anm. *1.: Das Schießpulver, das Papier, der Kompass, die erste kybernetische Maschine, dasPorzellan, das Papiergeld etc.
Anm. *2.: Eine vergleichbare Frage bei M.WEBER: "Welche Verkettung von Umständen ...dazu geführt (hat), daß gerade auf dem Boden des Okzidents und nur hier Kulturerscheinungen auftraten, welche doch - wie wenigstens wir uns gerne vorstellen - in einer Entwicklungsrichtung von universeller Bedeutung und Gültigkeit lagen ? " 1