Die audiovisuellen Medien sind nicht Teil einer sozio-psychischen Degeneration auf dem Weg in Entfremdung und Unmündigkeit.
Von verschiedener Seite wird gegen die audiovisuellen Medien der Massenkommunikation der Vorwurf der Entfremdung und der Manipulation erhoben. Der durchschnittliche Rezipient wird von der Welt der schönen Bilder zum visuellen Hedonismus verführt, verliert dadurch den Kontakt zur äußeren und inneren Wirklichkeit, um schließlich in den Armen der Besitzenden und Herrschenden zu enden. Eine Überlegung, die dann auch einige Medienkritiker zu der Schlußfolgerung verführte, man bräuchte nur Fernsehen und Film abzuschaffen (oder einzuschränken), um diese Probleme zu lösen. Aber was so verführerisch logisch und so unglaublich griffig erscheint, muß darum noch lange nicht die Wahrheit sein.
Es kann hier natürlich nicht bestritten werden, daß es die oben genannten Gefahren nicht gäbe. Sie existierten schon immer. Sobald aber versucht wird, den Vorwurf der Entfremdung und Manipulation als grundsätzliche Gegenargumente in eine Diskussion über die modernen audiovisuellen Medien einzubringen, gerät man in Widerspruch zu den in dieser Arbeit aufgezeigten Erkenntnissen.
Die audiovisuellen Medien unserer heutigen modernen Gesellschaft der Massenkommunikation und Trivialkultur sind e i n Element der komplexen gesellschaftlichen Entwicklung zu einem autonomen Individuum hin. Der Film spiegelt in seiner zweifachen Perspektive nur jenes Recht auf eine völlig subjektive Sicht der Welt wieder, wie wir sie in unserem Leben schon längst praktizieren. Eine Gesellschaft des christlichen Mittelalters mag zwar geschlossener sein und dem Einzelnen mehr Sicherheit bieten, greift aber auch fundamentaler in dessen Autonomie ein. Von einer Entfremdung, eines krankhaften Wirklichkeitsverlustes, kann kaum die Rede sein, vielmehr von einem sich wandelnden Wirklichkeitsverständnis und einer sich schon lange abzeichnenden Neuformulierung der Beziehung von Natur und Kultur.